Arndt Steube

Fäkaler Mikrobiota-Transfer: Viel Potenzial, viele Hürden, gute Perspektiven

Der fäkale Mikrobiota-Transfer ist bei rekurrenten Clostridioides-difficile-Infektionen die beste Therapie. Seine Anwendung ist in Deutschland aber ins Stocken geraten. Die Hintergründe erläutert Arndt Steube (Klinik für Innere Medizin IV, Klinikdirektor Prof. Dr. Andreas Stallmach), Universitätsklinikum Jena.

Der fäkale Mikrobiota-Transfer (FMT) erreicht bei rekurrenten Clostridioides-difficile-Infektionen (rCDI) Heillungsraten bis zu 90%; daher empfehlen nationale und internationale Leitlinien ihn ausdrücklich als hochwirksame und sichere Therapie ab dem zweiten Rezidiv.1,2 Trotzdem wird der FMT in Deutschland seltener eingesetzt als in anderen europäischen Ländern; die Anwendung ist rückläufig.

Erklärbar ist das durch die derzeitige Rechtslage. In Deutschland gilt der FMT als Arzneimittel und fällt damit unter das Arzneimittelgesetz. Aktuell sind bei uns aber keine FMT-basierten Arzneimittel zugelassen, deshalb dürfen behandelnde Ärztinnen und Ärzte den FMT nur im Rahmen einer klinischen Studie (erfordert eine Herstellerlaubnis) oder als individuellen Heilversuch durchführen. Das heißt, das Stuhltransplantat wird unter der unmittelbaren fachlichen Verantwortung der behandelnden Ärztin oder des Arztes für jede Patientin oder jeden Patienten hergestellt und verabreicht. Sie dürfen diese Schritte weder delegieren noch Transplantate aus einem anderen Labor oder einer Stuhlbank verwenden.3

Safety first: Zweifaches Spenderscreening

Zudem fordert das verantwortliche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) umfangreiche Stuhl- und Blutuntersuchungen für potenzielle Stuhlspender, darüber hinaus werden viele Erkrankungen ausgeschlossen und aktuelle Behandlungen, soziale Faktoren und die Reisehistorie abgefragt. Die Kriterien wurden 2019 massiv verschärft, nachdem sich zwei Patienten in den USA bei einem FMT mit einem multi- resistenten Keim infiziert hatten, an dem einer sogar starb.3 Sind alle Vorgaben erfüllt, wird die Stuhlspende als Suspension oder Kapsel aufbereitet und acht Wochen tiefgefroren gelagert. Die Quarantäne ist not- wendig, um mit einem zweiten Screening diagnostische Lücken zu schließen und z.B. potenzielle Inkubationszeiten abzudecken.4

USA: Erste FMT-basierte Arzneimittel zugelassen

Als Alternative zum klassischen FMT sind Mikrobiotapräparate eine Option. Die Entwicklung kommt voran; in den USA sind bereits zwei verfügbar: Im November 2022 hat die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA das weltweit erste fäkale Mikrobiotapräparat REBYOTATM zugelassen. Es ist zur Prävention der rCDI bei Erwach- senen indiziert und wird der Patientin/dem Patienten nach der Antibiotikatherapie einer bestehenden CDI rektal als Einzeldosis appliziert. 5

Für dieselbe Indikation folgte im April 2023 die Zulassung für ein sporenbasiertes Mikrobiotapräparat in Kapselform zur oralen Einnahme.6 Weitere Kandidaten sind in der klinischen Testung.

 

Fazit für die Praxis

Das Potenzial des FMT wird in Deutschland aufgrund der Rechtslage derzeit nicht ausgeschöpft. Forschende arbeiten daran, relevante Komponenten und Wirkmechanismen des FMT zu entschlüsseln. Ziel ist die Entwicklung von Medikamenten, die wirksam und sicher sind. Erste kommerzielle Präparate sind in den USA verfügbar; die Zulassung in Europa steht noch aus.

 

Literatur:

1 Van Nood E et al. N Engl J Med. 2013;368(5):407-15.

2 Cammarota G et al. Aliment Pharmacol Ther.2015;41(9):835-43.
3 BfArM. https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RI/2019/RI-FMT.html, Zugriff am 07.06.2023.
4 Keller JJ et al. United European Gastroenterol J. 2021;9(2):229-47.
5 Ferring Pharmaceuticals. Press Release 2022. https:www.ferring.com/ferring-receives-u-s-fda-approval-for- rebyota-fecal-microbiota-live-jslm-a-novel-first-in-class- microbiota-based-live-biotherapeutic/,Zugriff am 06.06.20236 Sims MD et al. JAMA Net Open. 2023;6(2):e2255758.

Bild-Quelle: S. Stengel, UKJ

Aus: Newsletter 2/2023, Hamburger Expertenkreis Mikrobiom (Initiative der FERRING Arzneimittel GmbH)